Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V.
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Arbeitsbereich Digitalisierung und KI

Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI) – die ethische Herausforderung

Neben den aktuellen globalen Umbrüchen geht eine Entwicklung ungebrochen weiter.
5G, Mixed-Reality, digitalen Identitäten, Blockchain, das Internet der Dinge und die künstliche Intelligenz (KI) – die digitale Transformation der Gesellschaft hat längst und vor allem unwiderruflich begonnen.

Die Umwandlung von Städten in Smart Cities ist weltweit im Gange, der digitale Alltag wird für immer mehr Menschen selbstverständlich. KI wird genutzt, weil sie viele Vorgänge einfacher macht, so wie früher die Verbreitung der Elektrizität. Die Annahme, dass alles technisch machbar ist, jedes Problem angegangen und bewältigt werden kann, erreicht durch die Digitalisierung einen neuen Höhenflug und wird von immer mehr Menschen geteilt.

Doch die Folgen der digitalen Transformation nicht nur im wirtschaftlichen, sondern auch im sozialen und persönlichen Bereich, werden nur ansatzweise diskutiert.

Es fehlt eine breite Debatte über die ethische Verantwortung für die Digitalisierung.

Erschwert wird diese Diskussion unter anderem dadurch, dass digitale Kommunikations- und Informationsgeräte wie das Smartphone zum alltäglichen Hilfsmittel geworden sind, weshalb eine ethische Diskussion über deren Verwendung bedeutungslos erscheint. Außerdem wird die virtuelle Welt, die einen Teil der realen Welt übernommen hat, unkritisch in die Lebensentwürfe von immer mehr Menschen übernommen.

Dabei offenbart insbesondere die digitale Anwendung Widersprüche zwischen einem starken Vertrauen in die Fähigkeiten von Technologien und der ethischen Bewertung der Folgen der Nutzung.

So steht auf der einen Seite der medizinische Fortschritt durch die Anwendung digitaler Technik, der dazu beiträgt, dass die digitale Transformation allgemein akzeptiert wird,
– auf der anderen Seite die Abwägung, welche Risiken der digitale Einsatz beinhaltet.

Im virtuellen Raum entsteht eine neue Kultur
– im Gegensatz dazu unterliegen die verschiedenen Kulturen einer Nivellierung, die zur Standardisierung von Verhaltensweisen und Lebensstilen führt. Kulturelle Trends und Normen im Internet setzen sich global durch.

Wir nutzen das Internet der Dinge und stellen persönliche Daten in die sozialen Netze
– die Kehrseite ist die kommerzielle Nutzung unserer persönlichen Daten.

Auch zeigt die Entwicklung der digitalen Technik und insbesondere der KI, dass das Cultural Lag, der Abstand zwischen der technischen Entwicklung und dem Setzen neuer ethischer Grenzen, bei der digitalen Transformation besonders groß ist und sich ständig erweitert. Die Entwicklung von Werten und Normen können mit dem enormen digitalen Fortschritt nicht „mithalten“. Was technisch machbar ist, wird ohne ethische Diskussion umgesetzt. Dem digitalen Fortschritt steht ein ethisches Defizit gegenüber, das auch von einer nicht ausreichenden ethischen Verantwortung geprägt ist.

Bei der Entwicklung von KI-Systemen erscheint das Cultural Lag deshalb problematisch, weil die KI eine umfassende Technik darstellt, die die gesamte Gesellschaft in allen Bereichen betrifft und in Zukunft größere gesellschaftliche und persönliche Umwälzungen erwarten lässt.

Bei der ethischen Bewertung der digitalen Transformation ist eine Frage entscheidend:
Wie viel Privatheit wollen wir und wie viel Privatheit geben wir im digitalen Zeitalter auf?

Einerseits wollen wir den Schutz unserer Persönlichkeit, andererseits geben wir Informationen über die eigene Person online weiter, so dass ein Großteil der Privatsphäre öffentlich wird. Diese Entwicklung muss die ethische Debatte berücksichtigen. Ethische Grenzen, die für die analoge Privatsphäre galten, werden heute nicht mehr gezogen. Die Online-Freiheit hat zu einer tief greifenden Veränderung der Privatsphäre geführt, die im digitalen Zeitalter grundlegend neu definiert werden muss. Ebenso wird der Datenschutz wie zu analogen Zeiten nicht mehr möglich sein.

In diesem Zusammenhang steht auch die Frage im Raum, ob es möglich ist, für die Weiterverarbeitung gespeicherter Daten ethische Grenzen zu setzen, die in die Praxis umgesetzt werden können. Wenn ja, auf welche ethischen Grundsätze wird sich dann bezogen?

Auch der umweltpolitische Bereich ist von den Folgen der Digitalisierung betroffen. Beispiel Wärmekataster zur Umsetzung des novellierten Gebäudeenergiegesetzes, wobei enorme Datenmengen erzeugt werden, deren umfassende Bearbeitung erst mit KI möglich wird. Ebenso funktionieren energiesparende Immobilien erfolgreich nur mit KI, wobei persönliche Daten in den digitalen Kreislauf eingegeben werden.

Und Smart Cities als Nonplusultra für einen ständig überwachten Umweltschutz, wo Umweltdaten zentral zusammenlaufen und bewertet werden? Die Energie- und Wasserversorgung, die Abwasser- und Müllentsorgung zugunsten eines effektiven Umweltschutzes überwachen, aber mit einem fragwürdigen Schutz unserer persönlichen Daten? Zudem benötigen das Training und der Betrieb der KI leistungsstarke Prozessoren mit einem entsprechend hohen Strombedarf.

Die Grundlage einer ethischen Diskussion scheint vorgegeben. Mit der Entwicklung der digitalen Technik und insbesondere der KI werden ethische Grenzen unumkehrbar verschoben, weshalb eine Neubewertung der ethischen Grenzen dringend notwendig ist.

 

Der BBU möchte zu dieser Debatte einen Beitrag leisten.

2023

Kontakt:
Dr. Peter Schott
schott@bbu-bonn.de